Photos: Nathan Ishar
(Auszug) Woher kommt denn diese Schieflage am POS?
Ein Geschäft ist an bis zu 65 Stunden in der Woche geöffnet, wobei um die 55 Stunden nichts passiert. Der Umsatz wird abends, freitags und samstags gemacht. Das Personal muss allerdings immer vorgehalten werden. Der Händler trifft dann die scheinbar logische Entscheidung lieber mit ungeschulten und günstigeren Aushilfen zu arbeiten. Frequenz ist meiner Ansicht nach das allergrößte Problem im stationären Handel. Diese fehlende Frequenz und die damit verbundene fehlende Beratungskompetenz versucht man dann über den Preis wieder aufzufangen. Ich will nicht unterschlagen, dass wir gerade in schwierigen Zeiten stecken: massive Preiserhöhungen auf der Materialseite was die Produktpreise natürlich erhöht und auf der anderen Seite der Handel, der vielerorts ums Überleben kämpft. Und es gibt in Deutschland sicherlich eine große Zahl an Menschen, die nach Preis kaufen. Aber sind das die, nach denen wir unser Angebot ausrichten sollten? Ich mach’s nicht, denn das würde sich unweigerlich auf die Qualität und die Reklamationsrate auswirken. Andere versuchen die Marktbewegungen zu verstehen und mitzuhalten, etwa indem sie auch One-Fits-All-Matratzen anbieten. So auch einige Verbände. Da sage ich: „Leute, daß ist doch entgegen euer eigenes Geschäftsmodell. Ihr stellt euer eigenes Angebot infrage.“
Aber diese Situation ist doch automatisch auch ihr Problem.
Nein.
Wieso nicht?
Ich bediene selektiv den Discount, den Fachhandel, den Matratzendiscount und Online-Anbieter, etwa als einer der größten Lieferanten bei Amazon. Parallel habe ich dafür gesorgt, dass ich eine sichere Produktionstiefe erlange. Das schützt mich vor vielen Marktbewegungen. Außerdem bewahre ich in unruhigen Zeiten die Ruhe und arbeite stetig an neuen Konzepten.
Nennen sie mir ein Beispiel.
Unsere Shop-in-Shop-Systeme, in denen wir dem Thema Schlaf mit einem integrativen Sortiment sowie geschultem Personal begegnen, in unseren Brinkhaus-Shops etwa. Durch diese vielen Kanäle, habe ich mir so viele Standbeine geschaffen, das mich kaum etwas umhauen kann. Mein Vorteil ist bis heute, dass ich nicht von einem Kunden abhängig bin. Daher erlaube ich mir manchmal, Geschäfte abzulehnen. Aber in der Summe glaube ich, biete ich Konzepte an, die im Handel super ankommen. Ich entwickle Konzepte für den Discount, One-Fits-All und Markenkonzepte. Wenn ich gegen den Wettbewerb gewinnen möchte, muss ich Lösungen anbieten und meinen Ausschnitt auf dem Markt erweitern. Damit lässt sich Größe aufbauen und somit ein optimales Preis-Leistungsverhältnis. Am Ende des Tages benötige ich für all diese Angebote immer die gleichen Maschinen, ob es sich um eine Matratze für sechzig Euro oder um eine für sechshundert Euro handelt. Es ist immer die gleiche Einziehmaschine, die gleiche Schaumschneidemaschine, die gleiche Steppmaschine, die gleiche Nähmaschine und es sind die gleichen Menschen, die an den Maschinen arbeiten.
Aber was legitimiert dann den Preisunterschied?
Das macht der Materialeinsatz. Und natürlich die Kosten, die durch die Marke entstehen: Messe, Promotion, Service, Werbung. Wenn wir aber nur vom Produkt sprechen, behaupte ich, dass die Markenprodukte von meiner Arbeit für Discounter profitieren. Mir wird ja gerne nachgesagt, ich könne nur Discount. Ich sage, weil ich Discount kann, kann ich auch alles andere. Um hunderttausend Mal dieselbe Qualität zu liefern, muss man seinen Laden richtig im Griff haben und eine undurchlässige Qualitätssicherung gewährleisten. Wenn du das kannst, kannst du locker auch andere Qualitätsstufen anbieten. Rein in Bezug auf die Fertigungsprozesse. Auch das macht uns sehr stark.
Wo bleibt dabei die Nachhaltigkeit?
Durch die Größe unserer Prozesse können wir viel in dieser Richtung umsetzen. Wir haben letztes Jahr beispielsweise eine Daunenfederfabrik in Polen gebaut, die in der Endausbaustufe abwasserfrei sein wird und mit einem minimalen Co² Fußabdruck arbeitet . Und wir richten unsere Qualitätsstandards immer mehr auf ökologische Aspekte aus, nicht nur aus Überzeugung, sondern auch, weil das unsere Kunden verlangen, wie etwa der Verzicht auf die nach der Detox Kampagne von Greenpeace festgelegten toxischen Chemikalien in der Nassausrüstung. Unsere Marke Brinkhaus ist beim Downpass ein Treiber. Ab kommendem Herbst wird der Einsatz von zertifizierten Daunen Pflicht sein. Durch diese neue Dokumentationspflicht wird es nicht mehr möglich sein, Rohstoffe von unbekannter Herkunft unterzumischen. Gleichzeitig werden durch die grassierende Geflügelpest in Europa die Preise für Rohmaterial deutlich steigen. Und dann müssen Hersteller mit ihren Händlern in die Verhandlung gehen, auf dass die eine Preiserhöhung schlucken. Gerade kleine Hersteller können sich dabei nicht ausreichend behaupten. Das ist sicher auch ein Vorteil meiner Größe, dass meine Verhandlungsposition besser ist und ich mehr Durchsetzungskraft habe. Ich muss dabei nur fair bleiben. Ich kann durchaus transparent darlegen, wie sich unsere Preise zusammensetzen, auch im Sinne der Nachhaltigkeit.